Insolvenzgeschehen: Fehlende Transparenz durch Staatshilfen

Einer aktuellen Creditreform Studie zufolge hat sich das Zahlungsverhalten in Deutschland verschlechtert. Ist dies ein erster Vorbote für steigende Insolvenzen?

 

„Ewig kann das so nicht weitergehen.“

Eine Glaskugel, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, besitze er zwar auch nicht, doch glaubt der Leiter Wirtschaftsforschung beim Verband der Vereine Creditreform, dass es zu mehr Insolvenzen kommen wird. Von einer Welle möchte er hingegen nicht sprechen, eher von Normalisierung.

Wann und in welchem Ausmaß? Das hängt aus seiner Sicht auch vom Handeln des Staates ab und dem Bouquet an Hilfsmaßnahmen, die seit Beginn der Corona-Pandemie großzügig verteilt wurden. Doch ist sich Patrik-Ludwig Hantzsch sicher: „Ewig kann das so nicht weitergehen.“

Ebenjene Maßnahmen, wie zum Beispiel das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht, trüben nun den Blick auf das bilanzielle Zahlenwerk wie durch eine Milchglasscheibe. Fehlende Transparenz ist aus Sicht des Wirtschaftsforschers ein großes Problem in der aktuellen Krise. „Früher hieß es, wenn der Kunde anders oder plötzlich gestückelt zahlt, dann sind das Warnzeichen.“ Durch die verschiedenen Hilfsmaßnahmen sei es ganz schwierig geworden, zu erkennen, welche Geschäftspartner unter Druck oder gar vor der Insolvenz stünden. Genug Liquidität sei jetzt im Markt vorhanden. Insbesondere große Unternehmen hätten die Hilfspakete gut genutzt und sich in eine Abhängigkeit begeben. „Das ist wie eine Droge“, so Patrik-Ludwig Hantzsch. Stichwort: Zombieunternehmen.

Für das Kreditmanagement bedeutet dies aus seiner Sicht: Das Portfolio regelmäßig analysieren, Kreditlinien im Blick zu behalten – auch, wenn die Zahlen auf den ersten Blick gut aussehen. Patrik-Ludwig Hantzsch rät Unternehmen zudem zur Diversifizierung und sich nicht von einem Geschäftspartner abhängig zu machen.

Die zahlreichen exogenen Krisenfaktoren – von der Inflation, über Lieferkettenprobleme bis hin zu explodierenden Energiepreisen – würden ein deutlich verschärftes Wettbewerbsumfeld schaffen. Im Gegensatz zu früheren Krisen, die zeitlich oft absehbar waren, ist die Unsicherheit nun deutlich größer.

Immerhin: Die Zahlungsziele seien in Deutschland seit 2015 kontinuierlich gekappt worden, was aus seiner Sicht für eine Professionalisierung des Kreditmanagements spricht.