„Der Gastronomie geht es definitiv nicht gut“
Aryza-Finanzexperte Christian Piller über Probleme und Zukunftsperspektive von Restaurants und Kneipen.
Die Gastronomie ist eine der Branchen, die besonders unter den derzeit wirtschaftlich schwierigen Zeiten leiden. Was sind dafür die Hauptgründe?
Christian Piller Ein ganz schwieriges Thema ist die Kostenseite für die Gastronomen. Die Einkaufskosten für Lebensmittel sind massiv gestiegen und teure Energie belastet zusätzlich den Geldbeutel. Gastronomen sind davon abhängig, dass Stube und Küche warm sind, dass der Herd läuft. Das ist energieintensiv. Hinzu kommt das Thema Gewerbeimmobilien. Für Neueröffnungen bieten sich Gastronomen hier zwar Chancen, aber Bestandskunden zahlen häufig weiterhin hohe Preise. Als Restaurant zieht man auch nicht mal eben um, da das Risiko, Kunden mit einem Standortwechsel zu verlieren, hoch ist.
Auch Schwierigkeiten bei der Personalsuche belastet die Gastronomie …
Christian Piller Exakt – und zwar ganz besonders seit der Corona-Krise. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich in dieser Zeit neuorientiert, weil der Betrieb still stand und sie in Kurzarbeit geschickt oder komplett gekündigt wurden. Jetzt kommen sie nicht mehr zurück, weil sie teilweise bessere Jobs gefunden haben mit höherer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen. Hinzu kommt, dass wir in vielen Branchen weiterhin einen Arbeitnehmermarkt haben und damit eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften. Außerdem hat sich der Anspruch an die Konditionen im Job gewandelt, und im Restaurant oder der Kneipe zu arbeiten, ist sicherlich kein Zuckerschlecken. Der Gastronomie geht es definitiv nicht gut.
Anfang des kommenden Jahres wird die Mehrwertsteuer von 7 % zurück auf 19 % gesetzt. Wie schwer wird das wiegen?
Christian Piller Ob die Erhöhung der Mehrwertsteuer massenhaft Insolvenzen nach sich ziehen wird? 19 % statt 7 % sind natürlich nicht wenig. Die erste Frage wird sein, ob die Kosten 1:1 an die Endkunden weitergegeben werden. In Anbetracht eines Preisanstiegs in den letzten drei Jahren von über 21 % bei Hauptspeisen und gleichzeitigem engeren Budget sind die Kunden preissensibel. Aufgrund der schwierigen Kostenseite wird den Gastronomen aber nicht viel anderes übrigbleiben, als die Mehrwertsteuererhöhung weiterzugeben. Das kann in einigen Fällen dazu führen, dass Gastronomen den Betrieb einstellen müssen – aber ich glaube nicht, dass der Endverbraucher nicht mehr essen gehen wird, wenn das Schnitzel nun 19,90 statt vorher 18 Euro kostet. Ich denke, dass sich die Leute eher günstigere Alternativen suchen werden. Das ist ein wenig wie mit dem Mindestlohn. Da hieß es auch, jetzt gehen massenhaft Jobs verloren, und das ist am Ende nicht eingetreten. Warum? Ein Grund ist, dass ihn alle zahlen mussten. Das ist mit der Mehrwertsteuer nicht anders und daher werden auch zukünftig Faktoren wie ein gutes Konzept, qualifiziertes Personal und einfach gutes Essen entscheiden wie erfolgreich ein Gastronom ist.