Fallstudie: T-Mobile
T-Mobile in den Niederlanden hat 5,6 Millionen Telekommunikationskunden, von denen ein kleiner Prozentsatz die Rechnung nicht pünktlich bezahlt. In der Mehrheit der Fälle kommt eine Lösung zustande, nachdem das Unternehmen selbst Kontakt zum Schuldner aufgenommen hat. In den übrigen Fällen kann die Einschaltung eines Inkassopartners erforderlich sein. Seit Mai 2020 werden die Inkassoakten über die SaaS-Lösung Aryza Control an die Inkassopartner weitergegeben. Mittels derselben Plattform erstellt Aryza Control präzise Berichte über die Inkassoergebnisse, mit denen T-Mobile objektive Bewertungen vornehmen kann. Dabei wird eine Ausdehnung dieses Verfahren auf alle Marken und Segmente von T-Mobile angestrebt.
Bei T-Mobile sind die Informationen über die verschiedenen Marken (T-Mobile, Tele2 und Ben) und Kundengruppen (Geschäfts-, Privat-, Mobil- und Festnetzkunden) ebenfalls in verschiedenen Systemen erfasst. Für eine einheitliche Lieferung der Daten an Aryza Control hat T-Mobile selbst mittels Automation Anywhere eine robotergesteuerte Prozessautomatisierung entwickelt, mit der die erforderlichen Informationen aus den verschiedenen internen Systemen extrahiert und der Plattform im XML-Format zur Verfügung gestellt werden.
Ein Langzeitberater
Die Einführung von Aryza Control bei T-Mobile liegt in der Verantwortung von Philip Boland, seit September 2019 Manager Mahnwesen, das zur Abteilung Fakturierung & Zahlungseinzug gehört. Boland, der in Leiden Strafrecht studiert hat, blickt auf eine zwanzigjährige Karriere im Kreditmanagement zurück. Am Anfang stand ein Ferienjob in der Abteilung Debitorenmanagement bei Heineken, worauf er nach einer internen Ausbildung in die Abteilung für Sondermanagement wechselte. Zwischen diesem ersten Job und seiner jetzigen Tätigkeit bei T-Mobile hatte er diverse Positionen im Kreditmanagement bei verschiedenartigen Organisationen wie LeasePlan, Cannock Chase, Pensioenfonds Horeca & Catering, Thomas Cook und Basic Fit inne. „Betrachten Sie mich als einen Langzeitberater, der seine Arbeit in dauerhafter Anstellung erledigt“, so Boland. „Ich möchte nicht irgendwo drei Monate herumsitzen, eine schöne Präsentation halten und dann wieder gehen. Normalerweise bleibe ich zwischen drei und fünf Jahren in einem Unternehmen. In diesem Zeitraum wird auch der meiste Nutzen erzielt. Ich bin kein Mensch, der gerne einfach die Stellung im Geschäft hält. Es muss etwas zu tun geben, vorzugsweise in einer motivierten Umgebung, in der die Menschen wirklich etwas verändern möchten.“
Eine übergreifende Strategie
Boland erhielt diese Möglichkeit bei T-Mobile, wo er für die Inkassopartner der Ansprechpartner für alle drei Marken und die zugehörigen Kundengruppen ist. Der Wechsel Bolands zu seinem neuen Arbeitgeber im Jahr 2019 hing eng mit der Fusion zwischen T-Mobile und Tele2 zusammen, die Anfang des Jahres vollzogen worden war. Bis zu diesem Zeitpunkt war jede Marke selbst für das Kreditmanagement und die Beziehung zu den Inkassopartnern verantwortlich, was zu einer Fragmentierung führte. „Das ist jetzt anders. Wir haben eine übergreifende Strategie entwickelt, die für alles und jeden gleich ist. Dabei wird jedoch pro Marke und Kundensegment auf Detailebene ein individueller Ansatz angewendet. Die Bedingung ist, dass jeder Kunde mit einem Zahlungsrückstand aus dem eigenen Unternehmen eine Mindestanzahl an Kontaktmomenten erhalten haben muss, bevor die Akte an einen Inkassopartner übergeben wird.“ Das ist, so Boland, „nicht nur der gewünschte Ansatz von T-Mobile und unsere Strategie“, sondern entspricht auch der Sorgfaltspflichtregelung von AFM [niederländische Aufsichtsbehörde für Finanzmärkte] und ACM [niederländische Behörde für Verbraucher und Märkte], gemäß welcher T-Mobile nachweisen muss, alles getan zu haben, um den Kunden wieder auf den richtigen Weg zu bringen und so unnötige Inkassokosten zu vermeiden.
Immer in Bewegung
Nach zwanzig Jahren im Kreditmanagement ist Boland nach wie vor begeistert von seinem Fachgebiet. „Das gilt insbesondere, wenn Sie davon ausgehen, dass Sie Menschen aus der finanziellen Notlage heraushelfen möchten. Wenn ich in den letzten zwanzig Jahren eines gelernt habe, dann, dass man immer in Bewegung bleiben muss. Manchmal vergleiche ich das Kreditmanagement mit dem Spielen eines Instrumentes: Man muss immer weiter üben, um sich zu verbessern. Zudem gibt es Menschen, die Lieder nachspielen, und es gibt Menschen, die neue Lieder komponieren. Letzteres mache ich am liebsten.“
Der Schnellste, der Beste, der Erste
Der Vorschlag Bolands für einen Wechsel zu Aryza Control wurde von T-Mobile gut aufgenommen, da das Unternehmen einen starken Fokus auf IT setzt. „Wir haben hier erkannt, wie groß die Bedeutung von Automatisierung für die Erzielung von Verbesserungen ist. T-Mobile möchte stets der Schnellste, der Beste und der Erste sein. In diesem Unternehmen habe ich noch nie die Formulierung „So haben wir das hier schon immer gemacht“ gehört. Ich bekomme sehr viel Unterstützung seitens des Unternehmens, auch weil es in unserem Geschäftsmodell nicht nur um Geld, sondern auch um Kundenerlebnis und Kundenbindung geht. Die Bedeutung der IT sollte nicht unterschätzt werden. Bei einem ehemaligen Arbeitgeber hatten wir beispielsweise ein derart veraltetes System, dass die Eingabe bestimmter Daten mindestens zwei Monate dauerte. Bei der Konkurrenz geschah das innerhalb von 48 Stunden. Auf diese Weise kann man nicht mithalten. Es gibt noch deutlich mehr Unternehmen, die so weit hinterherlaufen, dass sie im IT-Bereich weit im Rückstand sind. Diesen Rückstand sieht man zwar nicht in der Bilanz, aber er ist vorhanden und kann über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden.
Großes Interesse an der Ausschreibung
Für den neuen Inkassoansatz gab T-Mobile eine Ausschreibung heraus, an der sich Inkassounternehmen beteiligen konnten. Eine wichtige Voraussetzung war die Bereitschaft zur Anpassung für die Arbeit mit Aryza Control. Das Interesse war groß: Es gab 25 ernstzunehmende Bewerber. Am Ende wurden mit fünf Bewerbern Gespräche geführt und drei passierten erfolgreich die Zielgerade: Faircasso, Flanderijn und Vesting Finance. Mit den bestehenden Inkassopartnern Bos Incasso und DirectPay arbeiten nun fünf Agenturen mit Aryza Control bezüglich der Inkassoakten von T-Mobile zusammen. „Es kommen aber noch mehr hinzu“, meint Boland.
„Denn demnächst werden auch unsere Geschäftskunden transferiert. Wir streben ein hundertprozentiges Verteilungsmodell an. Das ist bisher noch nicht oft umgesetzt worden. Die Verantwortung für einen reibungslosen technischen Ablauf liegt bei Aryza Control. Schließlich handelt es sich dabei um ein Alleinstellungsmerkmal von Aryza Control. Ich kann einfach meine Akten auf der Plattform von Aryza Control mit meinen Geschäftsregeln platzieren. Und die Lösung stellt sicher, dass es funktioniert. Darüber hinaus übernimmt Aryza Control alle Anbindungen und Gespräche mit unseren Inkassopartnern in Bezug auf die technische Seite.“
Die Leistungsindikatoren
Laut Planung von T-Mobile für das Mahnwesen gibt es künftig zwei Inkassopartner pro Kundensegment innerhalb jeder Marke. Anhand der Berichte von Aryza Control können ihre Ergebnisse objektiv miteinander verglichen werden. „Zu diesem Zweck haben wir uns eine ganze Reihe von Leistungsindikatoren ausgedacht“, so Boland. „Das reicht vom Inkassoergebnis und dem Prozentsatz der Forderungsausfälle über die Anzahl der erfolgreichen Zahlungsvereinbarungen bis hin zur Kundenzufriedenheit. Letzteres ist gerade in der Coronazeit von großer Bedeutung. Mit diesen Leistungsindikatoren sind wir in der Lage, unsere Inkassopartner bis ins Detail zu betreuen. Dies geschieht stets auf der Grundlage des Partnerschaftsgedankens, denn das Ziel ist es, unsere Partner mit Hilfe dieser Informationen besser zu machen. Gerade weil sie voneinander lernen können. Ich glaube vor allem an Spezialisierung. Es sind natürlich unsere Akten und unsere Geschäftsregeln. Aber ein Inkassopartner weiß selbst am besten, wie Außenstände innerhalb des von uns festgelegten großzügigen Rahmens erfolgreich einzutreiben sind. Ich erkläre ja auch nicht einem Bäcker, wie er sein Brot am besten backt. Allerdings gebe ich gerne einen Anreiz. Beispielsweise durften die Inkassopartner, die ihr Unternehmen als erste für Aryza Control tauglich gemacht hatten, sofort mit den ersten großen Datensätzen anfangen.“
Die richtige Zeit und der richtige Ort
Die Entscheidung für Aryza Control habe auf der Hand gelegen, meint Boland. „Das ist eine Frage der richtigen Zeit und des richtigen Ortes. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass ich seit der Ankündigung der Zusammenarbeit viele Fragen von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Unternehmen erhalten habe. Sie möchten gerne wissen, wie es funktioniert. Meine Antwort auf diese Frage ist nicht besonders schwierig. Arbeitet man nur mit einem Inkassopartner zusammen, ist das nicht erforderlich. Mit zwei Partnern würde es wohl auch noch gehen. Aber bereits mit drei Partnern gestaltet sich ein Vergleich der Inkassoergebnisse ohne eine Lösung wie Aryza Control schwierig. Auch T-Mobile Deutschland ist sehr interessiert an der Kombination aus unserer robotergesteuerten Prozessautomatisierung und der Aryza Control-Plattform. Wir könnten auch selbst eine Lösung wie Aryza Control erarbeiten, allerdings würde es einige Jahre in Anspruch nehmen und die Bereitschaft zur Investition von einigen Millionen voraussetzen. Nach meiner Vorstellung ist es besser, sich für ein bereits verfügbares Produkt zu entscheiden, denn Aryza Control hat die entsprechenden Investitionen bereits hinter sich gebracht. Und kein anderes Unternehmen ist in der Lage, es auf diese Weise anzubieten.
Das erwartete Ergebnis
Boland hat große Erwartungen an den Ertrag der Investition in Aryza Control. „Das Netto-Inkassoergebnis muss sich um eine zweistellige Zahl erhöhen. Außerdem bin ich sehr gespannt darauf, was die Unterschiede zwischen den Marken ergeben werden. Und darauf, ob unsere Vorstellungen über unsere Kunden und ihre Zahlungsschwierigkeiten mit der Realität übereinstimmen. Mit Aryza Control und dem Feedback unserer Inkassopartner können wir zu wertvollen Erkenntnissen gelangen. Insbesondere geht es darum, Probleme schneller zu erkennen und die Effektivität unserer internen Prozesse zu optimieren. Denn uns sind auch die Schwierigkeiten bewusst, die mit Kunden im vorangegangenen Verfahren aufgetreten sind. Häufig muss der Kunde zwar zahlen, aber es gibt genügend Probleme, die sich aus misslungener Kommunikation und unzulänglichen internen Prozessen ergeben. Diese müssen ebenfalls für den Kunden auf eine gute Weise gelöst werden. Gute bzw. schlechte Prozesse sorgen für Einnahmen bzw. Kosten im späteren Verfahren und ebenso beim Inkassopartner. Was uns das genau kostet, weiß ich gerade nicht. Später schon. Besonders neugierig bin ich auf die Ergebnisse bei unseren Geschäftskunden. Ich wäre nicht überrascht, wenn wir zu dem Schluss kämen, dass der Inkassoweg für diese Kundengruppe nicht optimal ist. Denn mit einem Geschäftskunden lässt sich eigentlich immer ein anderer Ausweg finden. Wenn nicht, gibt es normalerweise auch nichts zu holen.“