Fallstudie: Riverty

 

-Pascal Neijman, Managing Director Benelux & France, Riverty

„Ein Gefühl von Freiheit – für nachhaltige finanzielle Entscheidungen.“

 

Mit Niederlassungen in 13 Ländern gehört Riverty zu den führenden Fintech-Unternehmen Europas. Das Unternehmen bietet zum einen Zahlungslösungen für Verbraucher und zum anderen Inkasso- und Buchhaltungsdienstleistungen für Geschäftskunden an. Die Tochtergesellschaft des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann ist seit 2016 in den Niederlanden aktiv – zunächst unter dem Namen Arvato, Infoscore und AfterPay und seit Ende 2022 unter dem Namen Riverty. Für den Austausch von Inkassodaten mit Gerichtsvollzieherbüros nutzt Riverty bereits seit Langem Aryza Control.

Innerhalb des großen Bertelsmann-Konzerns hat der Finanzdienstleistungsbereich in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum erlebt – sowohl organisch als auch durch Übernahmen. Der Name Riverty wurde bewusst gewählt: Er erinnert an den fließenden Strom eines Flusses und steht symbolisch für ein natürliches Gefühl von Freiheit und Flexibilität bei nachhaltigen finanziellen Entscheidungen. Für Verbraucher bietet Riverty Produkte in den Bereichen After Payment, Parking Payment (Parktickets) sowie Back in Flow an – eine Lösung für mehr Kontrolle über die eigenen Finanzen. Unter dem Namen Accounting as a Service bietet Riverty zudem umfassende Inkassodienstleistungen und intelligente Lösungen zur Automatisierung des Order-to-Cash-Prozesses an.

Managing Director Benelux & France

Gemeinsam mit Lenhard Hubscher leitet Pascal Neijman die niederländische Organisation mit Standorten in Amsterdam und Heerenveen sowie operativer Verantwortung für die Märkte in den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Als Mitglied des Enterprise Sales Teams betreut Neijman zudem große internationale Kunden. Innerhalb des Produktportfolios liegt sein Schwerpunkt auf Inkassodienstleistungen – denn auch im Bereich Forderungsmanagement ist Riverty ein bedeutender Akteur in Europa. So werden jährlich über 10 Millionen neue Forderungen bearbeitet, davon rund 350.000 in den Niederlanden – mit einem Gesamtvolumen von über 2 Milliarden Euro.

Inkasso als Zufallstreffer

Neijman kann auf eine beeindruckende Karriere im Finanzwesen zurückblicken. Seine Laufbahn begann im Bankensektor, gefolgt von anspruchsvollen Interim-Mandaten für große US-Unternehmen. Anschließend war er bei verschiedenen Inkassounternehmen tätig. „Mit dem Inkasso kam ich eher zufällig in Berührung“, erzählt er. „Es gab einen finanziellen Streit zwischen einer Leasinggesellschaft und einem Transportunternehmen, an dem ich als Gesellschafter beteiligt war.“

Eine spannende Reise

Das erfolgreiche Wachstum von Neijmans Arbeitgeber in den Niederlanden mündete in das, was er selbst als „eine weitere spannende Reise“ bezeichnet. „Dazu zähle ich selbstverständlich auch den Kurswechsel, die neue Struktur und die Umbenennung im Jahr 2022. Unsere Transformation hin zu einheitlichen europäischen Lösungen für sämtliche Zahlungs- und Inkassodienstleistungen sowie zu einer zentralen Plattform für Accounting as a Service ist bereits weit fortgeschritten. Auch die dafür notwendige Organisationsstruktur steht: Eine Vertriebsorganisation, die sämtliche Produkte in den verschiedenen Märkten anbietet, und eine Serviceeinheit, die die Produkte lokal implementiert und die Kunden betreut.“

Rebranding und Neupositionierung

Das Rebranding konzentrierte sich zunächst auf die Zahlungsdienstleistungen für Verbraucher, um Riverty – als neuen Namen für AfterPay – einen soliden Start als eigenständige Marke zu ermöglichen. Damit ist das Unternehmen bereits einen großen Schritt gegangen, und nun richtet sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die Marktpositionierung der weiteren Produkte, darunter auch die Inkassodienstleistungen. „Übrigens gibt es am Markt manchmal ein Missverständnis“, sagt Neijman. „Es wird angenommen, dass sich das Inkasso von Riverty hauptsächlich auf eigene Forderungen aus unseren Zahlungsservices bezieht. Das stimmt so nicht – externe Auftraggeber sind für uns deutlich wichtiger. Auf europäischer Ebene stammen über 75 Prozent aller von uns bearbeiteten Forderungen von Drittunternehmen. Rivertys besondere Stärke liegt in der effizienten Abwicklung großer Mengen an Verbraucherforderungen mit eher niedrigen Beträgen – im Schnitt etwa 200 Euro. Diese Forderungen stammen hauptsächlich von Unternehmen wie Telekommunikationsanbietern, Energieversorgern, Banken, Versicherungen und Onlinehändlern. Riverty ist hervorragend aufgestellt, um für solche Kunden große Volumina bei niedrigen Ticketwerten effizient zu bearbeiten. Traditionell liegt unser Fokus daher auf einer weitreichenden Digitalisierung und Automatisierung – und das entsprechende Know-how haben wir vollständig im eigenen Haus.“

Wirtschaftliches Wachstum mit sozialer Teilhabe

Teil der Neupositionierung im Jahr 2022 war eine geschärfte Vision von Riverty, die auf der Überzeugung basiert, dass wirtschaftliches Wachstum für alle die Grundlage für Wohlstand ist. Neijman erklärt: „Wenn Menschen – aus welchen Gründen auch immer – in finanzielle Schwierigkeiten geraten, brauchen sie Unterstützung. Andernfalls droht ihnen der Ausschluss von genau diesem Wohlstand. Unsere Aufgabe ist es, diesen Kund:innen – wir sprechen bewusst nicht von Schuldner:innen – neue Perspektiven zu eröffnen. Wir nennen das Back in Flow – unser Ansatz für ein sozial verantwortungsvolles Inkasso. Dafür braucht es finanzielle Lösungen, die tragfähig und damit nachhaltig sind. Das gilt sowohl für unsere Post-Payment-Services als auch im Bereich Inkasso. Dabei geht es darum, die richtige Balance zu finden – zwischen dem berechtigten Anspruch unserer Auftraggeber und unserer gesellschaftlichen Verantwortung. Selbst dann, wenn der außergerichtliche Weg keine Lösung gebracht hat.“

Fallweiterleitung an Gerichtsvollzieher

Wenn alle Maßnahmen im eigenen außergerichtlichen Mahnprozess erfolglos bleiben, übergibt Riverty die Fälle in den Niederlanden an zwei Gerichtsvollzieherbüros. Neijman erklärt: „Der Gerichtsvollzieher verfügt kraft Gesetzes über weitergehende Befugnisse – etwa, um zu prüfen, ob die im Fall hinterlegten Daten mit den amtlich registrierten Personendaten übereinstimmen. In diesem Stadium, nach Zustellung der Mahnbescheide, kann der Gerichtsvollzieher häufig dennoch mit der betroffenen Person nachhaltige finanzielle Lösungen vereinbaren. Dadurch landet ein vergleichsweise geringer Teil unserer Fälle tatsächlich vor Gericht.“

Pionierarbeit mit Aryza Control

Für die Verteilung und Überwachung der Fälle bei den beiden Gerichtsvollzieherbüros nutzt Riverty die Software Aryza Control. Die Lösung ist in der gesamten Wertschöpfungskette des Forderungsmanagements einsetzbar, übernimmt den vollständigen Datenaustausch zwischen allen Beteiligten und bietet täglich Einblick in den Status der übergebenen Akten. „Wir arbeiten schon seit Langem damit“, sagt Neijman. „Wir gehörten sogar zu den ersten Nutzern im Inkassomarkt. Die Abstimmung mit Aryza im Tagesgeschäft ist immer gut und persönlich – sie denken mit und finden bei Problemen schnell Lösungen. Das Reporting-Tool in Aryza Control nutzen wir gezielt für die spezifischen Daten der Gerichtsvollzieher. Diese Daten fließen auch in unser eigenes Data Warehouse ein, was integrierte und durchgängige Chain Reports ermöglicht.“ „Auf Basis der Informationen aus Aryza Control legen wir die Verteilung der Fälle fest. Grundsätzlich erfolgt das zu gleichen Teilen, also fünfzig-fünfzig. Wir unterscheiden aber zwischen Falltypen – in bestimmten Bereichen ist ein Gerichtsvollzieher besser geeignet als der andere. Auch diese Erkenntnisse liefert uns Aryza Control.“

Tägliche Aktualisierungen und Auskehrungen

Riverty nutzt Aryza Control, um sicherzustellen, dass die Verfahren der Gerichtsvollzieher wie vereinbart durchgeführt werden, die Inkassokosten für Verbraucher im Rahmen bleiben und der gesamte Prozess effektiv und effizient ist – und es auch bleibt. Neijman erklärt: „Auf diese Weise vermeiden wir auch, dass wir uns in endlosen Verfahren verlieren, die nur Kosten verursachen, aber keine Ergebnisse bringen. Davon hat niemand etwas. Über Aryza Control erhalten wir täglich Status-Updates von den Gerichtsvollziehern. Daran gekoppelt ist eine tägliche Auszahlung eingegangener Gelder, bei der keine Kosten verrechnet werden dürfen. Die Abrechnung halten wir dabei strikt getrennt von der Auszahlung – so gibt es keinerlei Vermischung von Geldflüssen. Alle Gelder, die nach Maßnahmen durch die Gerichtsvollzieher eingehen, fließen zu 100 Prozent an uns. Anschließend erfolgt die Vergütung der Gerichtsvollzieher auf Basis unserer Rechnungsstellung.“

Zeit für persönliche Unterstützung schaffen

Der Umgang mit Gerichtsvollziehern ist Teil von Rivertys Verantwortung, Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten durch ein faires Inkassoverfahren wieder auf den Weg in die finanzielle Freiheit zu bringen. „Das erfordert zusätzlichen Aufwand – sowohl zeitlich als auch finanziell“, sagt Neijman. „Deshalb setzen wir gezielt auf Digitalisierung, Segmentierung und Automatisierung, um Zeit für die persönliche Betreuung der Kund:innen zu gewinnen, die sie wirklich benötigen.“ „Das geschieht zum Beispiel durch intelligente Kundenaktivierung für persönliche Gespräche, digitale Self-Service-Angebote für Menschen, die lieber anonym nach Lösungen suchen, Budgetcoaches, wenn persönlicher Kontakt notwendig ist, finanzielle Bildung sowie ein intelligentes Anfragenmanagement auf Basis von Algorithmen.“

Mitfühlen, zuhören, verstehen

Im Umgang mit Kund:innen stellt Riverty Empathie, Hilfsbereitschaft und Ehrlichkeit so weit wie möglich in den Mittelpunkt. Für Pascal Neijman sind das keine leeren Worte: „Schauen Sie, Zahlungsrückstände sind sehr häufig Teil eines größeren Problems. Schulden entstehen meist durch unvorhersehbare Lebensumstände – zum Beispiel durch Jobverlust, Krankheit oder eine Trennung. Es gibt aber auch Faktoren, die vollkommen außerhalb der Kontrolle des Einzelnen liegen, wie hohe Inflation oder stark steigende Energiepreise. Wer in solchen Situationen empathisch ist, zuhört und vor allem nicht urteilt, versteht die Ursachen für Zahlungsverzögerungen viel besser. Gelingt das, entsteht Vertrauen – und das führt oft dazu, dass Kund:innen sich öffnen und um Hilfe bitten. Das ist dann der Anfang einer nachhaltigen Lösung.“ „Übrigens: Das können wir nicht alleine leisten. Soziales Inkasso ist eine gemeinsame Verantwortung aller Marktteilnehmer. Der erste Schritt wäre, dass wir uns auf eine einheitliche Definition einigen. Eine Umfrage auf der letzten Credit Expo unter Marktakteuren hat gezeigt: 71 Prozent engagieren sich aktiv dafür, Verbraucher:innen vor problematischen Schulden zu schützen. Gleichzeitig sind aber 81 Prozent der Meinung, dass es an echter Zusammenarbeit im Markt fehlt. Aus unserer Sicht sollte der Staat hier eine tragende Rolle übernehmen – nicht nur durch die Förderung einer marktweiten Kooperation, sondern auch durch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Es ist schon bemerkenswert, dass für staatliches Inkasso andere – oft breitere – Regeln gelten als für privatwirtschaftliche Anbieter.“ „Zudem wächst die regulatorische Belastung unserer Branche stetig – man denke nur an das WKI –, ohne dass unser Handlungsspielraum erweitert wird. Von uns wird erwartet, dass wir möglichst auf Basis korrekter Daten mit den Kund:innen kommunizieren. Gleichzeitig sind unsere Möglichkeiten zur Datenverifizierung stark eingeschränkt. In diesem Bereich gibt es definitiv noch viel zu tun.“

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